Montag, 31. Januar 2011
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Sonntag, 30. Januar 2011
Gut geruettelt und vorbei gefuehrt
Der Plan war gut doch leider nicht ganz mit der Realitaet uebereinaderzubringen. Wir waren fuer unsere Verhaeltnisse frueh losgekommen. Doch natuerlich nicht so frueh wie anvisiert. Es ist im nachhinein auch nicht nachvollziehbar welche Faktoren in einzelnen die Zeit an sich saugten. Fakt ist das wir mit unserem Timing immer noch Luft nach oben haben. Andererseits bescherte uns dieser Morgen prima Laune und das mit Abstand beste Fruehstueck auf dieser Reise. So gesehen lohnt sich zu viel Eile auch nicht. Sucre machte auch keine Ausnahme bei der Wegfuehrung. Keine Schilder und jede Menge Aussagen fuer die richtige Richtung. Ja klar, am Betonwerk vorbei und dann immer geradeaus. Leider fahren wir nicht jeden Morgen zur Arbeit am Betonwerk von Sucre vorbei und darum war diese Auskunft zwar richtig aber an dieser Stelle nicht wirklich wegweisend. Auch eine schwungvoll ausholende Armbewegung integriert im Schwenkbereich gerne die Haelfte aller moeglichen Richtungen. Wir wissen um die Besonderheiten der Wege-Fragerei aber trotzdem haben wir keine Alternative und vielleicht vergessen wir jedes Mal aufs neue wieder, wie speziell die Antworten der Ortskundigen sind. Letztendlich fanden wir doch noch auf den richtigen Weg, was nicht im religioesem Sinn zu verstehen ist. Wir hatten zuvor ein wenig im Internet recherchiert und waehlten unsere Strecke dementsprechend. Bolivien ist was die Strassen angeht, ein wirklich bewegtes Land. 350 Kilometer standen fuer diesen Tag auf dem Plan. Davon 150 Kilometer geteert und der Rest Piste in unterschiedlichen Agregatszusteaden. Das Wetter hatte in der Zwischenzeit einen weiteren Teil der Strasse weggespuelt oder Berghaenge waren abgerutscht. Bereits nach 70 Kilometern war Schluss mit Asphalt. Ein Hang war gerade frisch abgerutscht. Nur ein reifenbreiter Weg fuehrte zwischen den Steinen hindurch. Fuer Autos war dieser Teil bis auf weiteres gesperrt. Ich war gerade durchgekommen als der Hang anfing sich zu bewegen. Es loesten sich zum Glueck nur wenige Steine und so blieb es bei einem Schrecken fuer Gaby, die sich gerade auf halben Weg befand, als es von oben rieselte. Die kommenden Kilometer waren sehr staubig und holprig. An unzaehligen Stellen schoben und schaufelten die Strassenarbeiter an der Strecke. Unsere Wegabzweigung nach Samaipata war unpassierbar. Die Frau im Kontrollhaeuschen meinte es koennte eventuell mit den Motorraedern gehen aber sie wisse es nicht genau. Normalerweise ist ein “geht ganz einfach” oder “mit Motoraedern in halber Zeit” schon ein Indiz fuer eine Strecke mit Ueberraschungen. Ein “eventuell” verhiess eher eine Pruefung zu werden, als seine gemuetliche Fahrt. Wir waehlten darum die laengere Strecke womit unsere ganze Zeitplanung ohnehin obsolet war. Wir schluckten jede Menge feinsten Staub, der an einer Stelle sogar den Weg zwischen mein Doppelvisier fand. Jetzt herrscht ueber dem rechten Auge ein kleiner staendiger Sandsturm, der sich nicht entfernen laesst – wohl konserviert zwischen zwei Scheiben. Bei dem ganzen Geruettel verabschiedete sich fast das Nummernschild bei Gaby. Zum Glueck merkten wir es noch rechtzeitig und schraubten es wieder mit grossen Unterlegscheiben fest. Die kleine Suzuki verliert ueberdies leider etwas Oel am Federbein. Hoffentlich ist es nur der feine Staub Schuld. Wir werden versuchen den Dreck dort abzuwaschen und beobachten dann den weiteren Verlauf. Bei dem Gepolter ist eine kleine Schwaeche durchaus verstaendlich. Solange sich das Problem nicht weiter ausbaut kuemmert es uns wenig. Der kleine Umweg bescherte uns 100 Kilometer extra. Gepaart mit unserer suboptimalen Startzeit ging uns darum langsam das Tageslicht aus. Unser Ziel fuer diesen Tag hiess dann nur noch “bis zum Asphalt”. Der kam leider aber spaeter als erhofft. Und so hoppelten und rumpelten wir die letzten Kilometer im Dunkeln ueber die Piste. In Comarapa suchten wir uns ein Hotel. Uns stand nicht der Sinn nach weiteren 120 Kilometer bei Nacht auf Boliviens Strassen bis nach Samaipata. Zumal geteert nichts ueber Esel, lichtlose Lastwagen und spontanes Auftreten von bierkastengrossen Schlagloechern aussagt. Unser Hostal lag direkt an der Strasse und verfuegte ueber eine eigene Garage - daneben gleich mehrere Restaurants. Perfekt fuer zwei staubige und muede Reisende.
Das Hostal verfuegte ueber entscheidende sicherheitsrelevante Ausstattungsmerkmale. Die hier uebliche elektrische Dusche hat isolationstechnisch oftmals einige Schwaechen. Strom+Wasser+Mensch erzeugen manchmal einen nicht ganz gewuenschten Nebeneffekt wenn man, mit nassen Fuessen in der Dusche stehend, versucht das Wasser wieder abzudrehen. Um diesen Effekt zu verhindern hatten unsere Hoteliers – weitsichtig, wie sie sind – ein Hochsicherheitsband an dem Wasserhahn angebracht. Das perfekt isolierte Bauteil unterbrach jetzt jegliche umgewuenschte Stromumleitung durch den menschlichen Koerper. Bei der Bedienung war lediglich darauf zu achten nicht zufaelligerweise mit den Fingern an die hintere Wasserleitung zu gelangen. Aber wem passiert so etwas voellig abwegiges schon? Unser Abenddinner im nebenan liegenden Restaurant brachte weiter schoene Momente. In Bolivien gibt es ein wirklich leckeres Malzbier. Was moeglicherweise gar nicht so verwunderlich ist, wenn Presidenten Kanditaten hier Manfred heissen. Aber mich freute es sehr. Gab es in der Geschichte dieser Erde jemals schon einen Presidenten Namens “Manfred”. Mir faellt keiner ein. Und Huehnerzuechterpraesidenten oder aehnliches sind bei dieser Betrachtung ausgeschlossen. Das Lokal unserer Wahl wurde von einem echten Patron beherrscht. Er sass mitten im Gastraum hinter seinem Schreibtisch, kassierte das Geld und muffelte Befehle in die Kueche. Was ein Bild. Eine Szene wie aus einem Film. Mit gefuellten Baeuchen kippten wir in unsere Betten, um heute Morgen nach Samaipata zu fahren. Die 120 Kilometer waren prima geteert und trotzalledem gilt es immer wieder die ein oder andere Stelle zu umfahren. Bolivien ist Eselland. So viele Esel wie hier haben wir noch nie gesehen, wenngleich wir noch keinen einzigen fotografiert haben. Vielleicht sollten wir das noch nachholen. Aktuell sind wir in Samaipata im Hostal Landhaus. Im Ort gibt es eine deutsche Baeckerei und eine Metzgerei. Gaby hatte sich auf die angekuendigte gute Kueche im Hostal gefreut. Leider faellt diese aus. Der Sohn des Besitzers moechte mit seinen Kindern zurueck nach Deutschland. Gestern war der letzte Tag fuer ihn im Hotel. Wir bleiben trotzdem noch einen Tag hier und sehen uns ein paar Inca-Ruinen an. Erst einen Tag spaeter geht es dann nach Santa Cruz. Bis dahin gilt es noch ein paar Schrauben zu fixieren und bei 29 Grad den Hostalpool auszuprobieren.
Freitag, 28. Januar 2011
Der Schatz im Silberberg
Gestern haben wir einen Zeitsprung in die Vergangenheit gemacht. In dieser Vergangenheit sind Pressluft und elektrische Stirnlampen schon angekommen, dafuer ist alles Andere aber original. Wir hatten uns den Besuch im Cerro Rico in Potosi extra fuer den naechsten Tag eingeplant, um uns besser an die Hoehe zu gewoehnen. Bei 4.070 Metern in der Innenstadt und zwischen 4.200 - 4.600 Metern am Silberberg von Potosi merken wir als Flachlandmenschen die Hoehe deutlich. Es heisst die Hoehenkrankheit wuerde sich nach einigen Tagen aufloesen. Nach zwei Tagen ist davon nichts zu spueren. Am Morgen wache ich mit einer Moerderbirne auf und auch das Fruehstueck will in diesem Zustand nicht so recht an mich gehen. Gaby geht es deutlich besser, aber auch sie merkt die Hoehe. Da wir weder Zeit noch Lust haben im Selbstexperiment auszutesten, nach wie vielen Tagen dieser Effekt tatsaechlich eintritt, machen wir uns trotzdem auf den Weg. Zuvor heisst es noch sich mit Gummistiefeln, Helmen, Stirnlampen und Schutzklamotten fuer die eigenen Kleidung einzudecken. Ein kleiner Stop auf dem Minenarbeitermarkt versorgt uns mit den passenden Gastgeschenken fuer die Arbeiter. Dynamit, Kokablaetter, Zigaretten, 98%tiger Alkohol und jede Menge ultrasuesse Limonaden. Der Besuch der Minen ist ein Besuch im laufenden Betrieb. Hier gibt es keinen Touristenstollen zum Reinschnuppern. Nachdem die Spanier von 1545 bis zum 18. Jahrhundert den groessten Teil des Silbervorkommens nach Europa geschafft hatten blieben fuer die Bolivianer nur klaegliche Reste des immensen Vorkommens uebrig. Ueber 60.000 Tonnen Silber sollen von hier aus nach Europa und ueberall in die Welt gewandert sein. Aktuell wird in Potosi im Cerro Rico nach Zinn- und Zinkerz gesucht. Dank der hohen Weltmarktpreise loht sich dieser Aufwand noch. Von armdicken Edelmetalladern kann hier schon lange nicht mehr die Rede sein. Meinen Kopf hatte ich in der Zwischenzeit mit Aspirin einigemassen eingefangen und dazu muemmelten wir ordentlich Cocablaetter im Bus zu den Minen. Das soll ja helfen. Und alles was gegen Hoehenuebel hilft, sollte uns recht sein. Die ganze Tour dauerte ca. 2,5 Stunden. Im ersten Teil konnten wir uns halbgebueckt vorwaerts bewegen. Wobei ich mehrfach die Sinnhaftigkeit meines Helms testete. In regelmaessigen Abstaenden blieb ich an irgendeinem Balken oder Felsvorsprung haengen. Bereits in der ersten Sektion war die Luft recht staubig und stickig. Belueftet wird das ganz System nur durch die Eingaenge oder Foederschaechte. Im Prinzip ist das ganz einfach. Je tiefer, umso mieser wirds. Fuer Gaby war nach dem ersten Stueck Schicht im Schacht. Die warme, staubige und arsenhaltige Luft in Kombination mit den engen Gaengen waren zu viel fuer sie. In verschiedenen Stellen des Berges zollen die Minenarbeiter dem Teufel des Berges "el Tio" ihren Tribut. Im zu Ehren werden in einigen Nischen Teufelsstatuen aufgebaut. Um den eigenen Gewinn zu beschleunigen oder um sich vor Unfaellen zu schuetzen spenden sie ihm taeglich reichlich Alkohol, Cocablaetter und Zigaretten. Er ist der Herrscher des Unterirdischen und wird mit riesigem Penis abgebildet. In unserem Fall hatte er laut unseres Fuehrers zu viel Chucuchucu in der Nacht zuvor mit Pachamama (Mutter Erde) gemacht, was einen klaren Penisbruch zur Folge hatte. Ob das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen waere konnte er nicht sagen. In die zweite Sektion ging es krauchend und kriechend. Mal auf allen vieren, mal auf Ruecken und Hosenboden rutschend bewegten wir uns immer tiefer in den Berg. Mit jedem Meter wurde es waermer und von Frischluftzufuhr war schon lange keine Spur. Der Helm schien mir den Kopf zusammenzuhalten. Der gute Ratschlag bei groessen Hoehen auch leichtere Anstrengunmgen zu vermeiden war aktuell nicht umsetzbar. Irgendwann waren wir am Ende eines Ganges angekommen. Dort kauerte in der hintersten Ecke ein Minenarbeiter und haemmerte von Hand ein Loch in den Felsen fuer eine Sprengladung. Der ihm zur Verfuegung stehen Raum entsprach ungefaehr der Groesse eine etwas groesseren Minibar im Hotel. Kein Mensch weiss wieviele Stollen und Gaenge es in diesem Berg gibt. Darum kann jede Sprengung gleichzeitig auch groessere Auswirkungen auf andere Arbeiter haben, die sich darueber oder darunter durch den Felsen wuehlen. Die Vorstellung waehrend einer Sprengung in der Naehe zu sein fand ich nicht sonderlich behaglich. Nach knapp 2 Stunden waren wir im unteren Teil der Mine angekommen. Hier staubte es weniger, aber dafuer herrschten hier 35 Grad. Die Luft roch recht intensiv nach irgendwelchen Gasen. Immer wieder mussten wir uns an die Seiten draengen, wenn eine Lohre rumpelnd durch die Geange kam. Die 2 Tonnen schweren Teile werden von 2-4 Leuten durch den Berg geschoben. Ich fand bereits "lockeres" Kriechen und Spazierengehen mehr als anstrengend. Als ich endlich aus dem Berg wieder rauskam war ich voellig durchgeschwitzt. Die Cocablaetter waren in der Zwischenzeit in meinen Magen gewandert und puenktlich zum Ausgang beschlossen auch diese ueber den gleichen Weg wie sie herein gekommen waren auch wieder aussteigen zu wollen. Begleitet von einer Flasche Wasser flutschte das gute Kraut aus mir. Den Rest des Tages hatten wir als kleine Nebenwirkung unsere Zungen eine Art Loeschblattfunktion uebernommen. Auch Unmengen an Wasser konnten dieses Gefuehl nicht beseitigen. Fuer unsere Abfahrt hatten wir noch schnell unsere Waesche in die Lavanderia gebracht. Und auch hier ist Bolivien fuer eine kleine Ueberraschung gut. Waehrend in allen anderen Laendern die Waesche landestypisch seifig gut riecht ist in Bolivien Desinfektion angesagt.
Unsere Klamotten riechen ein wenig so als haetten wir damit eine Werkstatt mit Motorkaltreiniger ausgewischt. Mein T-Shirt fuer die Nacht hatte eine schier narkotisierde Wirkung. Sobald der Stoff warm wird verbreitet er seine ganze Wirkung. Fruehlingsduft auf bolivianisch. Unser salbungsvolles Verhalten mittels Korrosiosloesers und die leichte Zuhilfenahme unseres Gummihammers haben Gabys Lenkradschloss wiederbelebt. Heute haben wir nur einen kurzen Hopser nach Sucre gemacht und morgen wollen wir nach Samaipata. In Sucre ist bei sommerlichen Temperaturen Karneval angesagt. Dabei bewerfen die Chicos die Chicas mit Wasserbomen. Derweil wir auf dem Balkon eines Restaurants sassen konnten wir die Geschosse kreuz und quer ueber den Platz fliegen sehen. Sucre ist nicht ohne Grund Weltkulturerbe. Die "weisse" Stadt ist die besterhaltenste antike Stadt Suedamerikas. Hier ist alles super sauber und die Stadt ist voll mit Studenten und jungen Leuten. Bislang hatten wir in Bolivien sehr wenige Touristen gesehen. In Sucre ist das anders. Das angenehme Klima und die schoene Stadt zieht die Leute hierher. Darum wundert es uns auch nicht das es an jeder Ecke Sprachschulen gibt. Vielleicht ist das eine prima Option fuer einen Kurzurlaub in der Zukunft. Doch fuer diesesmal wird das nix. Die Zeitangaben fuer unsere morgige Strecke liegen zwischen 6-12 Stunden. Wir werden darum besser ausnahmsweise ganz frueh starten und lassen uns ueberraschen was der Tag so bringt. Ein Bett haben wir uns schon reserviert. Alles ganz typisch bolivianisch - im Hotel Landhaus. Wenn bolivianische Politiker Manfred heissen wundert es auch nicht mehr, wenn im dem 1.200 Seelenkaff schwaebisch gesprochen wird. Weil die Cruzenos aus der Millionenstadt diesen kleinen Ort als ein beliebtes Ausflugsziel ausgeguckt haben fanden wir es ausnahmsweise angeraten uns schon vorher schlau zu machen. Hoffentlich regnet es morgen nicht groesser sonst wird die Fahrt zur Schlammschlacht - und sehr langsam. Natuerlich wuerden wir uns auch freuen vielleicht bereits nach 10 Stunden vielleicht schon die 340 Kilometer hinter uns gebracht zu haben. Wenn die Natur und die Strassenbauer nicht ganz wilde spezielle Pruefungen fuer uns bereit halten sollte es eigentlich klappen.
In diesem Sinne - suerte.
Mittwoch, 26. Januar 2011
Manfred - der Bolivianer
Sonntag, 23. Januar 2011
In Deutschland nix Neues
Von Belen fuehrt der Weg ueber die Ruta 40 und der RN 68 direkt bis nach Deutschland. Der Karte nach hatten wir nichts Besonderes erwartet und wurden um so positiver von der Strecke ueberrascht. Nach einigen Kilometern wird die 40 zur Piste. Staubige und sandige Stuecke wechseln sich mit einigen Wasserdurchfahrten ab. Auch nur kurze Regenfaelle fuellen die Entwaesserungssenken in der Strasse. Bereits hinter Mendoza waren uns der achterbahnartige Verlauf, auf der sonst kerzengeraden Strasse, aufgefallen. Man haette fast meinen koennen die Strassenbauingenieure Argentiniens haetten ein Herz fuer die Autofahrer des Landes gehabt und haben darum in unregelmaessigen Abstaenden die Fahrbahn abgesenkt, um die Langeweile auf dem Weg ein wenig zu brechen. In Wirklichkeit ist die ganze Gegend mit Wadis durchsetzt. Sobald in den Bergen auch nur der geringste Schauer faellt, fuellen sich diese schlagartig und entwaessern sich auf kuerzestem Weg - ueber die Strasse - ins offene Land. Die clevere Konstruktion hat in unseren Augen nur einen kleinen Haken. Rechts und links von der Strasse ist es oftmals deutlich trockener als auf dem Asphalt. Die kostenguenstige Loesung erfordert ueberdies auch einen staendigen Pflegeaufwand. Nach jedem Regenfall sammeln sich auf der Strassenoberflaeche groessere Mengen Sand und Erde, die dann zur Seite geschoben werden muessen. Zum Glueck hatte es scheinbar nur sehr wenig geregnet und auch nur sehr partiell. Bei einem mehrere Tage anhaltendem Regentief muss sich die ganze Gegend in kleine kuenstliche Seen unterteilen. Die unzaehligen Achterbahnstuecke lassen einiges vermuten. Von knoecheltief bis Oberkante Autodach scheint uns alles moeglich. Nach einer kurzen Pause in San Jose wurden wir kurze Zeit spaeter Opfer der suedamerikanischen Streckenfuehrung und unserer digitalen "ich-sag-dir-wo-es-lang-geht-Else". Der Strassenverlauf ist fuer unsere mitteleuropaeisch gepraegten Koepfe nicht zu verstehen. Bei uns folgt eine Hauptstrecke bei Unterbrechungen durch Ortschaften gerne einem direkten Weg und fuehrt wieder auf der anderen Seite heraus. Man folgt also einfach der Hauptstrasse und gut ist es. Hier endet die Ruta Nacional am Dorf- oder Stadtrand. Spaetestens ab hier ist nichts mehr nachvollziehbar. Der direkte Weg geht dann in mehreren Haken kreuz und quer durch die Stadt. Auf die Himmelsrichtung kann man bei dieser Rute nichts mehr geben. Gerade in dem Moment, wo man meint in immer engeren Gassen im Wohngebiet nur noch im Garten enden zu koennen, erscheint ploetzlich eine kleine Strasse, die wieder direkt auf die Hauptstrecke fuehrt - meistens. In unserem Fall endetet der direkte Weg vor einem Zaun. Das Navi meinte wir waeren richtig. Die Nachfrage bei uns ortskundig scheinenden Einwohneren bestaetigten unseren E-Guide. Im Unterschied zum Geraet hatten sie noch eine kleine Verfeinerung fuer den weiteren Verlauf parat. Hinterm Haus rechts runter und dann immer geradeaus lautete die einhellige Meinung. Das waere die Hauptstrecke zurueck auf die Ruta 40 in Richtung Salta. Gesagt getan. Der Weg muendete direkt hinter dem letzten Haus in eine Art Feldweg. Die Digi-Else frohlockte inzwischen wir wuerden uns bereits wieder auf der Ruta 40 befinden. Die Hauptstrecke verwandelte sich in den naechsten 1.000 Metern von einem Feldweg in eine einspurige Sandpiste. Am Horizont ein paar Baeume und nichts als weicher Sand. Entgegen aller gegenlaeufigen Gefuehle folgten wir tapfer dem "richtigen Pfad". Als auch die letzten Autospuren sich im Sande verliefen und nur noch ein paar Wildpferde durch ein voellig ausgetrocknetes Flussbett tollten beschlichen uns doch deutliche Zweifel. Fuer diesen Tag hatten wir keine Duenendurchquerung geplant. Nach einigen Metern sank die BMW fast im Stand bis zur Nabe im weichen Sand ein. Wir beschlossen auf den Rat der Einheimischen und den Wegvorschlag des Navis zu pfeifen und wuehlten uns zurueck in das Kaff. Nach einigen extra Schleifen hatten wir es geschafft. Zwar fuehrte jetzt unser Weg parallel zur 40, aber die Richtung stimmte. Bis dahin hatten wir eigentlich nur geplant bis Cafayate zu kommen. Doch weil der Tag noch jung war beschlossen wir doch noch bis Salta zu fahren und uns dann einen Ruhetag zu genehmigen bevor es weiter nach Bolivien geht. Von Cafayate fuehrt die direkte Strecke durch die Quebrada de las Coches. Passend zur Nachmittagssonne fuhren wir durch diese unglaubliche Landschaft mit ihren riesigen roten Felsformationen. Einige Stellen wirken fast wie gigantische Fasadenstuecke von Kathedralen. Dahinter liegt Deutschland. Als gute Alemanes konnten wir nicht umhin "klein" Alemania zu besuchen. Die bereits 1977 stillgelegte Bahnstrecke mit dem Endpunkt im winzigen Dorf war vor langer Zeit als ambitioniertes Projekt gestartet. 99 Kilometer von Salta entfernt besitzt der Ort einen eigenen Bahnhof und liegt wunderschoen am Rio de las Conchas. Hier endet die Geschichte und die Bahnstrecke gleichermassen. Waehrend andere Medien behaupten der Ort wuerde nach vielen Jahren des voelligen Stillstands sich im Aufschwung befinden konnten wir von dieser Dynamik wenig feststellen. Die stark angewachsene Einwohner Anzahl von 3 auf 10 Familien koennen wir rein optisch nicht bestaetigen. Ausser es sind vielleicht sehr kleine Familien, die unter der chinesischen 1-Kind Reglung laufen. Aber irgendwie hat dieser Ort einen besonderen Charme. Wenn sich die 10 Familien in den kommenden Jahren den einzigen Laden arbeitstechnisch so aufteilen wuerden, das um 17 Uhr die angepriesenen Kunstgegenstaende sich nicht mehr hinter verschlossenen Tueren vor Kaeufern verstecken wuerden, dann steht dem Boom fuer die kommenden Jahre bestimmt nichts mehr im Wege. Dann geht ein Ruck durch Alemania. Bis dahin heisst es bis auf Weiteres: nix neues in Deutschland. Die letzten Kilometer vor Salta ging es durch eine schlammige Ortsumgehung. Doch dann war alles gut. Prima Bleibe. Schoene Stimmung in der Stadt und vor allem leckere Steaks. So laesst es sich leben. Heute konnte ich mich gerade noch vor einer Pinkelattake retten. Ein dusseliger Hund hatte mich scheinbar mit einem Laternenpfahl verwechselt und rieb sich erst an meinem Bein, um kurz danach das hintere rechte Beinchen zu heben. Fuer den Bruchteil einer Sekunde starrte ich auf die nahende Situation und wollte nicht recht fassen was sich da ereignete. Ein Satz zur Seite rettete mein Hosenbein und meine Schuhe. Der Hund trotte sichtlich enttaeuscht ab. Mehr Aufregung war heute nicht. Jetzt geht es wieder lecker essen und Morgen wollen wir weiter.