



Mit der Zusage für den Containertransport nach Valparaiso machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg in die Schweiz. Das KTM Adventure Treffen in der Schweiz verhieß ein vergnügliches Wochenende zu werden. In Bure angekommen schlugen wir unser Zelt auf, um am nächsten Morgen ein paar Runden auf einer abgesteckten Strecke zu drehen. Die Sonne brannte ordentlich vom Himmel und von Matsch bis Staub war alles für eine natürliche Tönung von Fahrer und Maschine vorhanden. Kurz nach der Mittagspause stürzte Gaby an einem schmalen Trail und brach sich das Schienbein. Ab diesem Moment gestaltete sich unser kleiner Wochenendausflug deutlich anderes als wir es uns vorgestellt hatten. Ein Krankenwagen holte Gaby schnell ab und fuhr sie kurzerhand ins nächste Krankenhaus. Nur in welches? In der Hektik hatte ich ganz vergessen nach der Stadt zu fragen. Nachdem ich Gabys Motorrad und ihre Sachen zur zusammengesammelt hatte fuhr ich kurzerhand zielsicher in die falsche Richtung. Im richtigen Krankenhaus angekommen hatten die Ärzte in der Zwischenzeit beschlossen Gaby mit einem Krankenwagen nach Saarbrücken zu transportieren, damit sie dort noch in der Nacht operiert werden könnte. Der Schienbein war glatt durchgebrochen als sich die KTM auf den Unterschenkel ablegte. Jetzt galt es das zweite Motorrad irgendwie wieder nach Hause zu bekommen und die ganzen Klamotten von uns beiden auf einem Motorrad unterzubringen. Und noch während ich in Gedanken versunken vor dem Krankenhaus neben meinem total zugedrecktem Motorrad stehe spricht mich plötzlich ein freundlicher Schweizer an. Er hätte die ganzen Aufkleber auf meinen Koffern gesehen und fragte mich ob ich dort überall gewesen wäre. Ich beantwortete seine Fragen mit den wenigen Worten französisch, die mir aus der Schulzeit noch irgendwie in meinem Gedächtnis hängen geblieben waren und erzählte kurz von unserer Reise. Und noch während ich nach Worten rang und parallel mit meinen Gedanken ganz woanders war, drückt der gute Mann mir urplötzlich 20 Franken in die Hand und wünscht mir eine gute Reise. Und schwupps war es auch schon um die Ecke. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die unwirkliche Situation nicht tatsächlich erfasst. Erst als ich wieder auf dem Campinggelände angekommen war wurde mir bewusst was ich kurz zuvor erlebt hatte. Ich weiß keinen Namen und bin mir noch nicht einmal sicher ob mir Zeit blieb, um merci zu sagen. Vor Ort schoben wir die KTM kurzerhand auf einen Hänger und ich packte und stopfte alles ins und aufs Motorrad. Gegen 22:00 Uhr hatte ich soweit alles zusammen, um endlich loszukommen. Mit schweren Sommergewittern im Nacken erreichte ich als einziges Fahrzeug den kleinen schweizer Grenzübergang und wurde mit dem zugeschlammten Motorrad gründlich befragt. Die Kollegen von der Grenze hatten aber bereits über Polizeifunk von dem Unfall gehört und so konnte ich recht bald weiterfahren. Die Regenklamotten und die GoreTex Inserts hatten wir aufgrund der Wettervorhersage Zuhause gelassen. Diesen Umstand nahm sich das Wetter prompt zum Anlass, um mir auf den knapp 300 Kilometern nach Saarbrücken zu zeigen, was ein ausgewachsenes Sommerunwetter zu leisten vermag. In Straßburg angekommen musste ich von der Autobahn abfahren, weil nichts mehr ging. Die Stiefel waren schon lange randvoll und die Autobahn hatte sich scheinbar in einen Seitenarm des Rheins verwandelt. Mein Wunsch auf der Autobahntankstelle die schlimmste Phase des Unwetters im Warmen abwarten zu können sollte sich nicht erfüllen. Die Tankstelle war geschlossen und ein Rockertrio hatte es sich kurzerhand vor dem Nachtschalter bequem gemacht. Ich leerte also meine Stiefel aus und suchte mir etwas trockenes zum Anziehen aus den Koffern und gesellte mich zu den Dreien. Ein gut gealterter Rocker lag dort lang ausgestreckt mit seiner Freundin dort herum. Er wärmte sich die Hände an den Brüsten seiner Braut indem er breit grinsend seine Pranken kurzerhand von oben in das Nieten beschlagene Lederbustier hinein schob. Die anerkennenden Blicke seines jüngeren Rockerkollegen auf sich ziehend zelebrierte danach noch das ganze Programm an Klischees. Ich wunderte mich über nichts mehr. Es war eher so, als ob ich alles wie in einem Film von außen betrachten würde. Als auch noch der Blitz in die Tankstelle einschlug und schlagartig alles dunkel wurde schien mir diese Szene als logische Konsequenz im Handlungsstrang dieses Tages. Gegen 3:00 Uhr morgens hatte ich es geschafft diesem Film zu entsteigen und war endlich in Saarbrücken angekommen. Gaby war erst kurz vor mir in Krankenhaus angekommen und wurde am nächsten Tag operiert. Die anfänglichen Prognosen von 6 – 8 Wochen Heilung sollten sich nicht erfüllen. Doch dies wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
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